Barnabas Held
Barnabas (David) Held (* 3. Januar 1851 in Zizers; † 8. Juni 1927 in Engelberg)
Inhaltsverzeichnis
Lebensdaten
Profess: 29. September 1872
Priesterweihe: 25. März 1877
Primiz: 1. April 1877
Ämter
Lehrer in der Stiftsschule: 1877–1882
Kapellmeister: 1878–1882
Missionar in Amerika: 1882–1927
Beziehungsnetz
Verwandtschaft
Lebensbeschreibung[1]
P. Barnabas wurde am 3. Januar 1851 geboren. Er war das zweitälteste von sieben Kindern der Familie Held in Chur. Sein Vater wirkte als Kapellmeister an der bischöflichen Kathedrale. Über seine Mutter schrieb er später selber, ihr habe er es zumeist zu verdanken, dass er statt Kaufmann, einen Beruf, den er zuerst ergreifen wollte, Priester werden durfte. Der kleine lebhafte David erbte die väterlichen musikalischen Talente, die er schon an der Kantonsschule in Chur bekundete und die ihn 1868 an die Stiftsschule Engelberg führten. Hier machte er die dritte und mit Überspringen der vierten die beiden Rhetorikklassen durch und spielte bald eine führende Rolle im musikalischen und zusammen mit Franz Wagner, dem späteren P. Emmanuel, im gesellschaftlichen Leben der Schule. Noch viele Jahre blieben Helds und Wagners Taten im Kollegium berühmt.
Gross war das Erstaunen der Mitstudenten, als es zu Ende des Schuljahres 1870/71 hiess, Held und Wagner würden ins Noviziat eintreten. Nach glücklich bestandenem Probejahr machten beide Fratres die Philosophie und Physik in Einsiedeln. Heimgekehrt, wurde Fr. Barnabas sofort der Gehilfe und Stellvertreter der damaligen Kapellmeister. Von seiner Hand stammen bereits die meisten Eintragungen im Kapellmeisterbuch von Pfingsten 1875 bis 15. Juli 1877, als er nach Salzburg verreiste. Seine Primiz feierte P. Barnabas am Osterfest, dem 1. April 1877. Aber es war, bezeichnend für ihn, nur eine stille Messe in der Frühe, während welcher die Studenten einige Lieder sangen. Nun konnte er seine ganze Kraft dem musikalischen Leben in Kloster und Kollegium widmen. Im Sturm erwarb er sich das Vertrauen und die Liebe der Studenten; diese wären für ihren Kapellmeister durchs Feuer gegangen.
Wie schon bemerkt, verreiste P. Barnabas noch vor Ende des Schuljahr es 1877 nach Salzburg, um dort neben dem Besuch einiger theologischer Vorlesungen hauptsächlich Musik zu studieren. Sein Hauptlehrer in Orgel, Harmonie- und Kompositionslehre war der damalige Stiftsmusikdirektor Karl Santner (gest. 1885), im Klavier hatte er den virtuosen Gerber zum Lehrer, und eine glückliche Fügung gestattete es, dass ihn der einige Zeit in Salzburg weilende P. Benedikt Sauter, Tenor von Volders, in den Geist und das Wesen des Chorales einführte. Von Salzburg aus besuchte P. Barnabas im Herbst 1877 als Stellvertreter des Salzburger Diözesanpräses die Generalversammlung des deutschen Cäcilienvereins in Biberach und kam dort, wie später noch öfters, in persönliche Berührung mit den Führern der cäcilianischen Reformbewegung; über Ostern 1878 war er in Regensburg, wo die mustergültige Aufführung altklassischer Kirchenmusik den grössten Eindruck auf ihn machte. Nach Beendigung des Schuljahres war P. Barnabas noch 14 Tage bei den Beuroner Patres in Volders, wo er in der Mitfeier des Offiziums und Gottesdienstes den Choral schätzen lernte und Verständnis und Liebe für die Liturgie gewann. Vor seiner Heimkehr konnte er noch einen mehrwöchentlichen Studienaufenthalt in Regensburg machen. So wurde dieses Jahr ausschlaggebend nicht bloss für seine eigene musikalische Entwicklung, sondern auch für das gesamte musikalische Leben im Kloster Engelberg.
Nach seiner Heimkehr im Spätherbst 1878 übernahm P. Barnabas die Kapellmeisterei definitiv und begann gleich mit fester Hand die Reform der Kirchenmusik ins Werk zu setzen. Sofort ging er an die Umgestaltung des Repertoires. Im Kapellmeisterbuch erscheinen die früher so häufigen Namen Rempter, Witzka, Bröer usw. immer weniger, dafür treten um so mehr Hahn und Brosig, dann besonders auch Witt, Stehle, Kamen, Haller und andere Cäcilianer auf. Besonderes Gewicht legte P. Barnabas auf den a capella-Gesang, den er als das Ideal der Kirchenmusik betrachtete. An den Advents- und Fastensonntagen wurden Messen ohne Orgel zur Regel; sehr häufig fanden die mehrstimmigen Gradualien und Offertorien aus Witts Sammlungen Verwendung.
Vor allem lag ihm die Beobachtung der liturgischen Gesetze am Herzen.Darum begann er sofort mit Übernahme der Kapellmeisterei wagemutig die Einführung sämtlicher Wechselgesänge bei allen Ämtern. Hiefür war nun freilich die Zeit noch nicht gekommen. Innerhalb und ausserhalb des Klosters erregte diese Neuerung bei manachen Anstoss, und so musste nach einem Vierteljahrauf Wunsch (nicht Befehl) der Obern alles wieder fortgehen wie früher". Resigniert, aber nicht entmutigt fügte sich der Kapellmeister, er will trotzdem nach Kräften und Möglichkeit auf dem eingeschlagenen Wege weiter arbeiten und meint: "Vielleicht dass meine Neuerung nur um einige Jahre oder Dezennien verfrüht war. Wie wird es wohl in 40 Jahren ausschauen?" Als Bilanz des Jahres 1878 fügt er bei: Wir hatten dieses Jahr 130 Choralämter, 166 mehrstimmige Ämter, 72 Ämter mit Orchester und 37 musizierte Vespern. Wie wird das Verhältnis anno 1919 sich gestalten?" P. Barnabas' Optimismus bekam recht; hach ca. 20 Jahren waren die Wechselgesänge auch bei musizierten Messen eingeführt; das übrige Verhältnis ist sich ungefähr gleich geblieben; nur die musizierten Vespern verschwanden schon nach wenigen Jahren.
P. Barnabas' musikalische Tätigkeit beschränkte sich aber nicht auf die Kirche. Es gab Festproduktionen klassischer Orchester- und Vokalmusik im Grossen Saal, die Operaufführungen in der Fastnacht (Türkische Kadetten, Zauberflöte, Nachtlager, Joseph), das Oberquartett der Chorsänger, das Männerquartett und vieles andere. Immer wusste P. Barnabas etwas Originelles und Neues zur Unterhaltung der Studenten zu veranstalten; aber er wollte damit nicht bloss unterhalten, sondern auch bilden und den musikalischen Geschmack fördern. Dass P. Barnabas ein temperamentvoller Dirigent war, ist bei seinem Naturell ohne weiteres klar. Allen Affektierten abhold, hielt er seine Leute doch stramm am Zügel und verstand es, ihnen sein Feuer und seine Begeisterung mitzuteilen. Mit seiner schönen Bassstimme half er nach Bedürfnis mit, ja mitunter griff er bei einer Orchestermesse, mit der einen Hand weiter taktierend sogar zur Trompete, um einer glanzvollen Stelle den nötigen Nachdruck zu verleihen. Als Komponist hätte P. Barnabas sicher auch Vorzügliches leisten können, wie seine in Salzburg geschriebene effektvolle 4- bis 8-stimmige Benediktussequenz beweist, die alljährlich am Benediktsfest aufgeführt wurde. Aber als Kapellmeister fand er kaum Musse zu kleinen Gelegenheitskompositionen oder Arrangements. Vielleicht war er auch zu kritisch mit sich selber. Eine von ihm komponierte Orchestermesse in A-Dur wurde 1880 an der Primiz von P. Anselm Wachter und nachher noch das eine und andere Mal aufgeführt, dann veschwand sie vom Repertoire. Auch später war er durch keine Bitten zu bewegen, sie zur Aufführung zu überlassen.
Noch wäre ein Wort über P. Barnabas als Lehrer zu sagen. Er lehrte Mathematik in den vier oberen Klassen und verstand es, durch seine ausgezeichnete Mitteilungsgabe dieses Fach den meisten seiner Schüler interessant, ja lieb zu machen. In der 3. Klasse 1879/80 führte er das Lehrbuch der Algebra von Heilermann- und Diekmann ein, das jetzt noch Lehrmitte (bei uns ist, und . einige aus uns wurden durch ihn so für die Algebra begeistert, dass sie aus freien Stücken all die zahlreichen einschlägigen Übungsaufgaben dieses Buches durch arbeiteten. In der Geometrie durften wir unter P. Barnabas' Anleitung einen Plan des Klosters aufnehmen und opferten dafür gerne manche freie Stunde.
Zu Ende des Schuljahres 1881/82 verbreitete sich unter den Studenten wie ein Lauffeuer die Kunde: P. Barnabas geht nach Amerika. P. Barnabas hatte die Absicht, einst in Amerika zu wirken, offenbar von Jugend auf in sich getragen, denn von Salzburg aus schrieb er 1878 an Abt Anselm Villiger von seinen Amerika- und Missionsgedanken, die ihn nun schon 12 Jahren verfolgt hatten und bat, ihn nach Conception zu senden. Und als Abt Anselm antwortete, er könnte es vor Gott nicht verantworten, wenn er ihn jetzt entliesse, der rechte Moment sei noch nicht da, schrieb P. Barnabas zurück: "Ich darf also, doch noch hoffen, dass er einst kommen werde." Jetzt 1882, da P. Adelhelm von den Vereinigten Staaten zurückgekehrt, um tüchtige Kräfte für die Neugrüngung in Oregon zu suchen, war der rechte Moment gekommen: P. Barnabas' Herzenswunsch wurde erfüllt. Am 15. August 1882 machte er seine letzte Eintragung im Kapellmeisterbuch, und als der Tag der Abreise bevorstand, da ging er noch nachts um 12 Uhr zur grossen Orgel und nahm Abschied von ihr mit den zarten Klängen der Aeoline. Mit den Schülern feierte er den Abschied in Luzern. Da erklangen am Abend bei einer Zusammenkunft im Hotel Schiff noch einmal die alten, frohen Engelberger Lieder, Abschiedsreden wurden gehalten und Abschiedstränen flossen. Am anderen Morgen, als er mit dem Zug zum Bahnhof hinausfuhr und seine Schüler im nachwinkten, da lehnte sich P. Barnabas zum Fenster hinaus und blies auf seiner Trompete eine frohe Weise. Als der Zug in der Senti bei Goll's Orgelbaugeschäft vorbei fuhr, standen die Arbeiter mit Orgelpfeifen Parade und winkten ihm ihre Abschiedsgrüsse zu.
Während der 45 Jahre, die P. Barnabas in Amerika wirkte, ist er ein einziges Mal, im Spätherbst 1900, zu einem mehrmonatlichen Besuch heimgekehrt. Oft sprach er in seinen Briefen davon, er wolle seine alten Tage einst im Mutterkloster zubringen. Doch je älter er wurde, um so mehr verwuchs er mit seinem Arbeitsfeld. Er sei bis ins hohe Alter sehr arbeitsam gewesen. So schrieb er m 14. Juni 1926 bereits 75 jährig: "Gestern Sonntag hielt ich hier in Nada zwei Gottesdienste, hörte viele Beichten, predigte dreimal in drei verschiedenen Sprachen, sprang dann nach dem zweiten Gottesdienst auf mein Automobil, um in Schulenburg, etwa 50 Meilen von hier, die Festpredigt bei einer Fahnenweihe zu halten. 7 1/2 Uhr abends war ich wieder zu Hause, freilich todmüde. Das ist hier in Amerika Seniorenarbeit. Vade et fac similiter!" In seinem letzten Brief an P. Franz Huber vom 4. März 1927 berichtete er: "Seit ich Ihnen das letzte Mal geschrieben, war ich schwer krank im Hospital in Houston. Die Ärzte hielten mich für gefährlich krank, nachdem sie mein Inneres mit den X-Strahlen photographiert, und so wurde ich durch die hl. Sterbesakramente auf den Tod vorbereitet. Ich erholte mich jedoch bald wieder und bin wieder zu Hause und verrichte alle meine Arbeiten wie früher. Nur die Füsse wollen noch nicht recht arbeiten, es geht aber jeden Tag besser. Jetzt haben wir Fasten und da gibt es doppelte Arbeit. Wegen meinem Jubiläum hat ein Pater von Conception an den Erzbischof geschrieben und der will, dass ich es um jeden Preis feiere und zwar nach Ostern, am 20. oder 21. April. Das passt mir gar nicht; ich hätte es am liebsten still gefeiert." Dieser sein Wunsch ist offenbar in Erfüllung gegangen, denn es kam von keiner Seite ein Bericht über eine öffentliche Feier. Er erholte sich jedoch nicht mehr. Er starb am 8. Juni 1927 und fand seine letzte Ruhestätte in seiner Pfarrei Nada.[2]
Werke[3]
- Charis datur piae menti corde sonet - Coro femminile, org.
- Laeta quies magni ducis - Coro femminile, org.
- Laeta quies magni ducis - Coro femminile, org.
Professnummer
- Nr. 649
Einzelnachweise
Bibliographie
- Gottwald, Benedikt: Album Engelbergense. Luzern 1882, S. 154.
- Nachruf P. Barnabas Held, Titlisgrüsse 13, 1926/27, S. 88-92.