Martin Hagmann

Aus Kloster-Engelberg
Zur Navigation springen Zur Suche springen
P. Martin Hagmann 1908.

Martin (Johann) Hagmann (* 14. Mai 1880 in Degersheim; † 9. Februar 1968 in Engelberg)

Lebensdaten

Profess: 2. Oktober 1903

Priesterweihe: 20. Mai 1906

Primiz: 24. Mai 1906

Ämter

Lehrer an der Stiftsschule: 1906–1953

Beziehungsnetz

Verwandtschaft

Sohn des Johann Hagmann und der Barbara Lehmann.

Lebensbeschreibung[1]

P. Martin wurde am 14. Mai 1880 als Sohn des Johann Hagmann, gebürtig aus dem toggenburgischen Degersheim, und der Barbara Lehmann geboren und in der Pfarrkirche des heiligen Martin zu Bruggen auf den Namen Johann getauft. Hier wirkte der Vater während eines langen Lebens als Messmer. Die Jugend verbrachte er zusammen mit seiner Schwester, der späteren Gattin von Staatskassier J. Würmli, mit dessen Familie er bis in seine letzten Tage eng verbunden blieb. Seinem Neffen, Anton Würmli, späterer Pfarrer von Schwende AI, hielt er am 30. April 1933 die Primizpredigt.

Bruggen, bekannt durch seine drei kühnen Brücken über die Sitter, die ihm den Namen gaben, gehörte damals noch, bis zur Stadtverschmelzung von 1918, zur Gemeinde Straubenzell. Von hier aus kam er nach den Jahren der Volksschule, 1894 als Erstklässler an das "Gymnasium des Benediktinerstiftes Engelberg", wie sich damals die Stiftsschule nannte. In jenen Jahren machten die St.Galler einen Drittel aller Schüler des Engelberger Kollegiums aus. 1894 waren es 28 St.Galler bei einem Gesamtbestand von 83 Studenten. Es war die Zeit, da der spätere Bischof Robertus Bürkler, ein Alt-Engelberger, als Pfarrherr von Lichtensteig, dann von Gossau, junge Leute, die er für das Studium befähigt hielt, zu seinen alten Lehrern und jungen klösterlichen Studienfreunden nach Engelberg schickte. Und er machte mit dieser Praxis bei seinen geistlichen Mitbrüdern der Diözese bald Schule.

Johann Hagmann gehörte während des ganzen Gymnasiums zu den ersten seiner Klasse. So durfte er es wagen, neben den Pflichtfächern sich auch Freifächern zu widmen. So "belegte" er von Anfang an Französisch, das, auf vier Kurse verteilt noch als Freifach gelehrt wurde. Auch erwärmte er sich für Klarinette und brachte es so weit, dass er in der Studentenmusik und später noch als Frater und junger Pater im Stiftsorchester mitwirken konnte. In der 5. Klasse begann er noch mit Klavierunterricht, doch es blieb beim einjährigen Versuch. Aber er wurde erfolgreicher Basssänger und trat in der Oper "Das Bild im Walde" von P. Gall Morell von Einsiedeln 1898 sogar als Solist auf, ebenso im folgenden Jahr in der Oper "Die Zigeuner", zu der Webers "Preziosa" zurechtgeschneidert worden war. Mit Begeisterung wirkte Hagmann zudem in der Marianischen Akademie mit, die er 1899/00 als Präsident leitete. Die poetische Ader von P. Martin kam auch später noch gelegentlich zum Durchbruch, wenn er bei Primizen oder sonstigen Anlässen seine Gedichte vortragen liess.

Im Sommer 1900 trat Füsilier Hagmann zur Rekrutenschule in die Kaserne St.Gallen ein. Von seinen militärischen Erlebnissen erzählte er in späteren Jahren nicht ungern. Da Engelberg um diese Zeit nur sechs Klassen führte, siedelte er für die Philosophie in das Lyzeum der Stiftsschule Einsiedeln als Externer über und bestand hier im Sommer 1902 die Matura. Dann aber kehrte er nach Engelberg zurück. Denn inzwischen war in ihm der Entschluss gereift, sein Leben dem Dienst Gottes im Kloster zu weihen. Zusammen mit Peter Käser, dem nachmaligen Französischlehrer P. Nikolaus Käser, trat er im Herbst 1902 in Engelberg ins Noviziat und legte im folgenden Jahr seine Gelübde ab auf den Namen des Patrons seiner heimatlichen Pfarrkirche. Die beiden Novizen bildeten ein merkwürdiges Paar: nach aussen zum Verwechseln ähnlich. P. Martin wurde oft als P. Nikolaus angeredet und umgekehrt - waren der bewegliche St.Galler und der bedächtige Freiburger aus Wünnewil nach Veranlagung und Naturell stark verschieden. Und doch trafen sie sich wieder im einer gewissen Ängstlichkeit, in mancherlei Hemmungen, ja Unentschiedenheit im Auftreten.

Die Theologie absolvierten sie an der klösterlichen Hausanstalt, und im Sommer 1906 standen sie an den Stufen des Altares. Hatte ihnen der Basler Bischof Leonhard Haas in den Fastenquatembern 1906 den Subdiakonat und den Diakonat in der Seminarkapelle in Luzern gespendet, so erhielten sie am 20. Mai 1906 durch den Churer Bischof Johannes Fidelis Battaglia in der Engelberger Klosterkirche die Priesterweihe. P. Martin feierte seine Primiz am 24. Mai, dem Feste Christi Himmelfahrt. Dem hohen Festtag folgte schon nach wenigen Wochen der Ernst des klösterlichen Lebens in anstrengender Schularbeit.

P. Martin war vor allem als Lehrer tätig. Er begann als Hauptlehrer der 1. Klasse, stieg nach zwei Jahren in die 3., dann in die 4. Klasse auf und lehrte neben Latein und Griechisch zeitweise alte Geschichte und durch all die Jahre auch Englisch. So wechselte er sich jahrelang mit P. Bernhard Büsser in der Führung der beiden Syntaxklassen ab, bis er sich 1920 erstmals in die 5. Klasse wagte, in der Folge auch in die 6. Klasse. Im Sommer 1921 weilte er während eines halben Jahres in Grossbritannien, vor allem im Kloster Ramsgate, mit dessen Mitbrüdern er manche Freundschaft schloss, von wo er viele Briefe in die Schweiz sandte. In der Folge übernahm er in vermehrtem Mass den Unterricht im Englischen, ab 1923 indes auch in der Rhetorik, die seiner Eigenart besonders zusagte, ihm aber nicht geringe Hemmungen bei der Aufsatzkorrektur bereitete, so dass er nach einigen Jahren das Fach einem anderen überliess.

1932 und wieder 1939 und 1947 nötigten ihn gesundheitliche Störungen, sich von der Schule zurückzuziehen, doch kehrte er jeweils nach kurzem Unterbruch wieder aufs Katheder zurück. Ab 1949 noch als Lehrer der 3. Klasse, bis er 1953 endgültig von der Schule Abschied nehmen musste. Sie war gewissermassen sein Lebenselement geworden aber dem 73-Jährigen fiel dieser Abschied nicht mehr schwer. 1908 bis 1911 hatte er auch das Amt des Subpräfekten versehen, neben Rektor P. Frowin Durrer und dem Präfekten P. Odilo Gwerder. Er wusste zwischen den beiden eine tragbare Mitte zu halten, aber der Posten scheint ihm doch nicht recht behagt zu haben. Durch all die Jahre war aber P. Martin eine gewichtige Persönlichkeit in der Kollegifeuerwehr; unterstand ihm doch die Abteilung Flurhydranten.

Als Professor war P. Martin offenbar beliebt und wusste den Unterricht durch kurze humoristische Intermezzi aufzulockern. So etwa, wenn einer beim Aufsagen gar schüchtern und leise sprach, konnte er neben ihn hinstehen und wie ein Gemüsehändler auf dem Markt, rufen: "Bohne, Chabis, Rüebli", und wenn die Schüler fast erschrocken aufblickten, ob er nicht übergeschnappt sei, konnte er mit lachendem Mund fragen: "Kommst nicht nach? Lauter reden sollst." P. Martin teilte aber auch oft die freien Stunden mit seinen Studenten, so besonders auf dem Eisfeld, wo er indes beim Fangisspiel mit seiner raschen, gewandten Fahrweise ein gefürchteter Gegner sein konnte. Nicht weniger gern übte er sich im "Kunstfahren", wenn er bedächtig seine eleganten Kreise zog, sich aber auch nicht ungern bewundern liess. Und als das Skifahren auch bei den Patres allgemeiner wurde, wagte er sich noch als rüstiger Sechziger auf die schmalen Bretter und liess mit seiner Skibeherrschung noch manchen Jüngern hinter sich.

P. Martin war überhaupt ein Freund der Natur. Ihr konnte er mehr abgewinnen als dem Besuch von Museen, Kunstwerken, Theater und Film. Gern benützte er die Gelegenheit zu Spaziergängen, zumal mit den Fratres, die er nicht ungern auf weniger begangene, selbst problematische Pfade führte. Berühmt war eine zeitlang der "Martinshorst" am Hahnen. Zu einem genuss reichen Vakanztag gehörte für ihn eine ausgiebige Wanderung. Und in frühen Jahren gab es für ihn keine Ferien, ohne dass ein Pass oder ein Berg "genommen" wurde. Was von solchen Fahrten an die Öffentlichkeit dringen durfte, war zwar oft von einer Art "Jägerlatein" gewürzt. Gelegentliche Infahrten und sonstige Programmwidrigkeiten blieben indes schamhaft verschwiegen.

P. Martin liebte aber auch die gesellige Unterhaltung, so bei einem währschaften Jass, besonders wenn an Vakanztagen eine Tasse Kaffee und eine Zigarre über die Verluste beim Spiel hinwegtrösteten. Allerlei Manien und Phobien bedrängten ihn, er wurde zeitweise menschenscheu und mied die Unterhaltung. Und wenn er in den letzten Jahren wieder freier und gelockerter erschien und das bekannte selbstzufriedene Schmunzeln wieder fand, war es wie ein friedliches Abendleuchten nach einem langen erfüllten Lebenstag.

P. Martin war eine tiefreligiöse Natur und nahm es mit seinen klösterlichen Pflichten ernst; ja mit zunehmendem Alter steigerte sich dieser Ernst geradezu zu Ängstlichkeit, ja Skrupulosität. Lange Jahre wirkte er bei den liturgischen Zeremonien als Subdiakon mit und versah das Amt eines Beichtvaters in der Klosterkirche, dem vor allem die Männer ihr Vertrauen schenkten. Solange es ihm die Kräfte erlaubten, bestieg er noch regelmässig die Kanzel, hier und auf Aushilfen, und war ein gern gehörter stimmgewaltiger Prediger. Zur Feder dagegen griff er nicht gern. Bildete doch fast jeder Brief für ihn ein Problem; aber er mündete dann nicht selten in die ihm geläufige Versform aus. Nur einmal konnte er zu einem kurzen Artikel im "Vaterland" gebracht werden, in dem er die Konversion eines amerikanischen Kommunisten schilderte, eine Frucht seiner Englischlektüre. Sein Liebling unter den Engländern war aber Churchill, der es ihm mit seiner Tatkraft und seinem diplomatischen Geschick angetan hatte, und dem er bis in seine letzten Tage treu blieb.

Sonst waren diese Tage ausgefüllt durch seine religiösen Pflichten, durch die tägliche heilige Messe und bis fast zuletzt durch den Besuch des Hochamtes. Mit den Neuerungen der postkonziliaren Zeit konnte er sich nicht mehr befreunden; doch fügte er sich willig, wenn auch manche Umstellung dem 88-Jährigen beschwerlich fiel. Ein langwieriges Siechtum blieb ihm erspart. Anfang Februar legte er sich grippekrank zu Bett, erholte sich aber scheinbar bald und sprach noch am Tag vor seinem Hinscheiden die Hoffnung aus, binnen kurzem wieder die Zelle verlassen zu können. Aber der Körper war doch zu sehr geschwächt. Am Morgen des 9. Februar 1968 fand ihn der Krankenbruder, der ihn pflegen wollte, tot im Bett, als Opfer einer Herzlähmung.

Professnummer

  • Nr. 688

Einzelnachweise

  1. Die Lebensbeschreibung wurde weitgehend vom Nachruf in den Titlisgrüsse 54, 1967/68, S. 37-42, übernommen.

Bibliographie

  • Nachruf P. Martin Hagmann, in: Titlisgrüsse 54, 1967/68, S. 37-42.