Ambros Schnyder
Ambros (Sigmund) Schnyder (* 2. März 1864 in Oberkirch; † 2. Dezember 1934 in Engelberg)
Inhaltsverzeichnis
Lebensdaten
Profess: 15. September 1883
Priesterweihe: 15. Juli 1888
Primiz: 15. August 1887
Ämter
Kapellmeister: 1895–1898, 1899–1900, 1905–1907
Spiritual in Leiden Christi: 1907–1934
Beziehungsnetz
Verwandtschaft
Sohn des Joseph Martin Schnyder und der Verena Achermann.
Lebensbeschreibung[1]
Schon als Kind lenkte P. Ambros - bürgerlich Sigmund - die Aufmerksamkeit der Umwelt durch seine ungewöhnliche musikalische Begabung auf sich. Schon mit sieben Jahren vertrat er seinen Vater als Organisten in der Pfarrkirche Oberkirch vertrat und durfte gar im musikbeflissenen Provinzstädtchen Sursee die Orgel spielen. Den ersten Unterricht in Klavier und Orgel erteilte der Vater selbst, später dann Kaplan Zürcher von Sursee, der im Haus der Familie Schnyder, das bezeichnenderweise den Namen "Harmonie" trug, ein häufiger Gast war. Sigmunds Geschwister waren alle musikalisch begabt. Ein jüngerer Bruder lebte als P. Maurus Schnyder in Mount Angel, Oregon. Dieser kam als Sängerknabe an die Klosterschule Engelberg, und es ist überliefert, dass er mit seinen schmelzenden Soli die Herzen der Zuhörer gar mächtig zu rühren verstand. Die einzige Tochter, trat ins Frauenkloster zu Sarnen sein und war ebenfalls eine ausgezeichnete Organistin. Dass Vater Schnyder alles daran setzte, seinem "Wunderkind" Sigmund die entsprechende musikalische Ausbildung erteilen zu lassen, zeigt sich auch darin, dass er ihn dem bestbekannten Hoforganisten von Luzern, Ambrosius Meyer, einem Mönch der aufgehobenen Abtei St. Urban, als Orgelschüler übergab. Möglicherweise war es dieser Zisterzienserpater und ehemalige Schüler des Klosters Engelberg, der den kleinen Künstler auf das Kloster und die Schule im Titlistal hingewiesen hatte. Denn schon nach einem Jahr, 1876, begann Sigmund das Gymnasium in Engelberg. Bereits in den untersten Klassen wurde ihm Gelegenheit geboten, seine Fähigkeiten in Kirche und Konzertsaal leuchten zu lassen. Da soll sich einmal die köstliche Episode ereignet haben, dass der kleine Organist, dessen Füsse nur mit Mühe das Pedal der grossen Orgel erreichten, zwischen Spieltisch und Orgelbank hinunterkollerte und sämtliche Pedaltasten mit einem Male zu einem gewaltigen Tonorkan entfesselte.
Nach Abschluss der 6. Klasse trat Sigmund ins Kloster ein und legte am 15. September 1883 unter dem Namen Fr. Ambros die einfachen Gelübde ab. Er erhielt den Namen des grossen Mailänder Bischofs nicht nur in Rücksicht auf dessen hohe musikalische Bedeutung, sondern auch in Erinnerung an den einstigen verehrten Orgellehrer P. Ambrosius Meyer von St. Urban. Für die philosophischen Studien wurde Fr. Ambros nach Einsiedeln geschickt. Unter den dortigen Fratres soll sich damals ein ausserordentlich blühendes musikalisches Leben entfaltet haben. In dieser anregenden Atmosphäre gediehen seine ersten kompositorischen Früchte, von denen einzelne zu Lebzeiten von P. Ambros immer wieder gespielt wurden.
Auch im Kloster Engelberg waren neben Fr. Ambros noch andere musikbegabte Fratres Leo Hübscher, Dominik Wädenschwiler und Franz Huber gleichzeitig im Fraterstock. Schon in den 1870er-Jahren war es wie ein Föhnsturm durch den Winter der Engelberger Kirchenmusik gefahren. P. Barnabas Held hatte seine Studien in Salzburg und Regensburg vollendet und ergriff zugleich mit dem Taktstock auch das Werk der Reform. Zwei seiner Schüler, die ihn zeitlebens begeistert verehrten, wurden seine Nachfolger, P. Franz Huber und P. Ambros. Was dem Meister nicht vollends gelang, das errangen seine Jünger. Dreimal bekleidete P. Ambros das Amt eines Kapellmeisters: 1895 bis 1898, 1899 bis 1900 und 1905 bis 1907. In die erste Periode seiner Amtstätigkeit fiel die Choralreform, die Abschaffung der Mediccea und Einführung des Graduale, das die Mönche von Solesmes auf Grund langer Forscherarbeiten herausgegeben hatten. Wenn man die leider nur knappen Aufzeichnungen von P. Ambros im Kapellmeisterbuch durchgeht, so findet man gegenüber der früheren Zeit eine bedeutende Zunahme der Choralämter. Er bekundete schon damals eine ausgesprochene Liebe und Verehrung für diese Kirchenmusik. Diesem "Aschenbrödel", wie P. Ambros den Choral so gern nannte, galt zeitlebens die besondere Zuneigung seines Herzens.[2]
P. Ambros war aber kein einseitiger Choralfanatiker, dafür war er zu sehr Künstler. Er liebte und schätzte die klassische Polyphonie so gut wie die zeitgenössische Musik und hielt jede Art der Tonkunst für das Haus Gottes berechtigt, sofern sie den kirchlichen Bestimmungen entsprach. So förderte P. Ambros die Kirchenmusik nicht nur in Engelberg, sondern auch in den Jahren, da er die Gemeinde der Brüder verlassen hatte und sein Wirkungskreis, wie es den Anschein hatte, eine merkliche Verschiebung erfuhr. Aber auch in Leiden Christi wurde er war seine Beratung hinsichtlich Orgeln gefragt, er wurde zu Orgelkollaudationen berufen oder zu höheren kirchlichen Feierlichkeiten als Organist erbeten. Solchen Rufen konnte er jetzt umso eher Folge leisten, als sein Gesundheitszustand sich eher gebessert hatte. Dass ein Kirchenmusiker mit geistigem Weitblick an der weltlichen Musik nicht achtlos vorübergehen kann, ist selbstverständlich. Auch die Kirchenmusik ist zeitgebunden. Trotz Kränklichkeit und empfindsamen Nerven führte er jedes Jahr als Kapellmeister eine Oper auf.[3] Er erkannte in der Schuloper eine ausserordentliche ästhetisch-musikalische Bildungsmöglichkeit, für deren Pflege ihm kein Opfer zu gross erschien.
Es war ihm eine Herzensangelegenheit, seine Schüler vorwärts zubringen und besonders auch dem Kloster einen gesunden musikalischen Nachwuchs zu sichern. Klavier, Orgel, Streich- und Blasinstrumente, alles sollte nach Möglichkeit gepflegt werden, damit im Hause selber alles Nötige vorhanden sei, um einen vollständigen, geschlossenen Klangkörper zu bilden. Zur Pflege dieses brüderlich-familiären Geistes sind die meisten seiner Kompositionen entstanden. Da ist vor allem das Festspiel "Engelbergs Gründung", das zur Feier des silbernen Abtsjubiläums von Abt Anselm Villiger 1891 aufgeführt wurde. P. Emmanuel Wagner, der langjährige Regisseur der Engelberger Bühne, hatte dazu den Text gedichtet. Im Winter 1904/1905 schrieb P. Ambros einige Gesangsstücke für das biblische Schauspiel "König Saul" von P. Augustin Benziger.
Auch für den liturgischen Gottesdienst schuf P. Ambros einige kleinere Werke: ein Salve Regiria, Vesperhymnen für die höchsten Feste des Kirchenjahres und vor allem den unvergleichlich stimmungsvollen Introitus für die mitternächtliche Weihnachtsmesse: "Dominus dixit ad me". Zeitgenossen fragten sich, weshalb eine Künstlernatur, die so ganz und gar mit der Liturgie verwachsen war, sich nicht weiter auf diesem Gebiet ausgewirkt hatte. "Ein Grund liegt in der bereits genannten Kränklichkeit, ein zweiter in der ungewöhnlichen Bescheidenheit, die lieber das Wort andern überliess und sich dienend hinter sie zurückzog. Zudem war er durch eine ganz andere Schule gegangen, so dass er die Sprache einer neuen und neuesten Zeit, so sehr er sie auch bewunderte und immer wieder empfahl, selber nicht zu sprechen wagte."
In der Zeit, da er nicht Kapellmeister oder wegen Krankheit abwesend war, versah er das Amt des Stiftsorganisten. "Es war sein reiches, tiefes Gemüt, das ihn immer den richtigen Ausdruck finden liess - streng gregorianisch, wenn er z. B. in einem Choralamt die einzelnen Teile der Messe mit einander verband, lieblich und übersprudelnd in der Melodien fülle, wenn er bei einer außerliturgischen Andacht etwa einem Marienlied die musikalischen Gedanken entlehnte." Auch für technische Orgelfragen hatte P. Ambros ein feines Verständnis. Manchem Organisten und Pfarrer trat er mit Rat und Tat zur Seite, wenn eine alte Orgel umgebaut und erweitert oder eine neue erstellt werden sollte. Das letzte Werk, das nach seinem ureigensten Geschmack entstand, ist die Orgel im Kloster Leiden Christi. Mit einem gewissen Stolz führte er dieses interessante Werk vor, das wie aus einer anderen Welt in den Kirchenraum hineinklingt. Das gesamte Pfeifenwerk befindet sich nämlich auf dem Kirchenestrich und sendet die Tonwellen durch die Jalousien in der Gewölbedecke hindurch. So trieb auch auf dem Wirkungsfeld am Kronberg, das er im Jahre 1907 betrat, die Musik manche Blüte, wenn sie auch nicht mehr seine erste Sorge sein konnte.
Neben der seelischen Leitung der Franziskanerschwestern führte er in den ersten Jahren seiner Tätigkeit einen Umbau und eine Erweiterung des kleinen, hygienischen Ansprüchen kaum genügenden Klosters durch. Seinen Bemühungen verdankt Leiden Christi, das eine in jeder Hinsicht von Wonnenstein abhängige Filiale war, seine Verselbständigung. Nur mit der Führung eines eigenen Noviziates und der finanziellen Unabhängigkeit glaubte er, könne das Klösterlein einer geistig und materiell gesicherten Zukunft entgegensteuern. Die eifrige Förderung der Andacht zum "Kostbaren Blute" verlieh dem Kloster ein eigenes Gepräge und erfüllte vor allem die Absichten seiner Gründerin Anna Bättig.
Werke
Schriften[4]
- Der Pilger zum Leiden Christi (Gonten). Gonten 1917.
- Choralvariationen, in: Chorwächter 43, 1918, S. 3-5, 20-25, 36-38, 53-57.
- Der katholische Choralsänger (mit P. Friedrich Scheffold OCap), Einsiedeln 1918, 9. Auflage 1951.
- Moderne Kirchenmusik, in: Chorwächter 46, 1921, S. 65-68, 81-84, 99-102, 121-124, 129-131, 151-155.
- Die Popularisierung des Chorals, in: Chorwächter 51, 1926, S. 7-10, 19-21, 38-40, 54-56.
- Eine neue Schleifwindlagen-Orgel, in: Chorwächter 53, 1928, S. 71-73.
Musik[5]
- Assumpta est Maria in caelum gaudent angeli - Coro femminile.
- Ave maris stella - Coro femminile.
- Dominus dixit ad me filius meus es tu - Coro femminile, org.
- Dominus dixit ad me filius meus es tu - Coro femminile, org.
- Es zogen die Engelein zum himmlischen Zelt - Coro femminile, pf.
- Felix namque es - Coro maschile.
- Filiae regum in honore tuo - Coro femminile.
- Hoch ein fröhliches lebe hoch - V (4), Coro femminile, pf.
- Mihi autem adhaerere Deo bonum est - Coro femminile.
- Mihi autem adhaerere Deo bonum est - Coro femminile, org.
- Mihi autem adhaerere Deo bonum est - Coro femminile, org.
- Terribilis est locus iste - V (4), Coro, org.
- Veritas mea - Coro maschile, org.
Professnummer
- Nr. 661.
Einzelnachweise
- ↑ Die Lebensbeschreibung wurde weitgehend vom Nachruf in den Titlisgrüssen 21, 1934/35, S. 35-43, übernommen.
- ↑ Die Frucht dieser jahrelangen Liebe war dann "Der katholische Choralsänger", den P. Ambros mit seinem geistlichen Freunde P. Friedrich Schefold 0.M.C. 1917 erscheinen liess, ein Gesang- und Gebetbuch.
- ↑ 1896 "Das Nachtlager von Granada", 1897 "Hans Sachs", 1898 "Das Bild im Walde" , 1900 "Hänsel und Gretel", 1906 "Fidelio", 1907 "Gockel, Hinkel und Gackeleia".
- ↑ Aus dem Eintrag in der Benediktinischen Bibliografie.
- ↑ Aus dem Eintrag im RISM.
Bibliographie
- Nachruf P. Ambros Schnyder, in: Titlisgrüsse 21, 1934/35, S. 35-43.